„Wie unverschämt!“ Würdevoller Umgang mit unverschämtem Verhalten

von Carina Bründlinger, Einrichtungsleitung PUK

Ganz ehrlich – was haben Sie gedacht, als sie die Überschrift gelesen haben?

Würde und Scham, eine Haltung, ein Gefühl, was nicht so richtig zusammenpasst, sich ja gar merkwürdig ins Schriftbild einfügt!?

Ein spannendes Thema, nicht wahr!? Fanden wir auch und haben uns intensiv mit der Scham und der Würde auseinandergesetzt und seitdem ist die Scham gefühlt überall. Sie steckt in noch so kleinen Ritzen unseres täglichen Zusammenseins, manchmal kaum spürbar, weil es so normal erscheint, die Scham wegzudrücken und gar nicht so gerne fühlen zu wollen. Das ist nur menschlich, aber birgt auch eine Gefahr: Sie will gefühlt und verstanden, gar willkommen geheißen werden, dass sie sein darf.

In Anbetracht der Tatsache, dass wir die Scham schon ab ungefähr Mitte des zweiten Lebensjahres wahrnehmen und fühlen können, ist es doch an der Zeit, sie näher zu beleuchten, anzuschauen und ihr einen Platz zu geben.

Klingt vielleicht erstmal hieroglyphisch, ergibt aber Sinn.

Wir machen uns als Multiplikatorinnen für „Menschenwürde und Scham“ auf den Weg und platzieren dieses Thema zunächst erstmal im Rahmen der „Neuen Autorität“ u.a. an Schulen. Wir sensibilisieren, bilden fort und machen aufmerksam.

Was sind unsere Projektionen und Abwehrmechanismen im Umgang mit der Scham?

Wo erleben wir Scham, in welchen Kontexten zeigt sie sich und wie fühlt sich das an?

Und was hat es damit auf sich, dass der Psychoanalytiker Léon Wurmser die Scham als „Wächterin der menschlichen Würde“ beschreibt?

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, schreiben Sie uns gerne.

FiSche in Berlin

von Carina Bründlinger, Einrichtungsleitung PUK

FiSch(e) gibt es ja bekanntlich nicht nur in der Nord- oder Ostsee, sondern sehr wohl auch hier in Berlin. Hierbei sind natürlich nicht die zahlreichen Seen in Berlin und Brandenburg gemeint;-).

FiSch – Familie in Schule steht für eine Familienklasse, ein Angebot für 6-8 Eltern und ihre Kinder.

Für alle die es nicht kennen, nochmal ganz konkret:

In einem Zeitraum von 12-16 Wochen geht jeweils ein Elternteil mit seinem Kind an einem Tag in der Woche gemeinsam in eine FiSch – Klasse an einer Grund – oder Sekundarschule. Im Rahmen einer temporären Lerngruppe sogar noch ein wenig länger.

Dort wird gelernt und ganz individuell an sozialen Kompetenzen gearbeitet, Herausforderungen gemeinsam gemeistert, sich gegenseitig unterstützt, gespielt und das alles mit viel Spaß und Freude!

Für wen?

Für Kinder denen es sozial und emotional schwer fällt…

  • im Unterricht mitzumachen,
  • auf Mitschüler*innen und Erwachsene zu achten,
  • sich ohne Stress in der Klasse und auf dem Pausenhof zu bewegen

Wozu das Ganze?

Weil es helfen kann…

  • die Lernfreude der Schüler*innen zu steigern,
  • die Erfahrung von Wirksamkeit und Verbundenheit in sozialen Kontexten erlebbar zu machen,
  • das emotionale Wohlergehen von Kindern in der Schule zu stärken,
  • Kinder darin zu unterstützen ihre Ziele zu verfolgen und für sich selbst Verantwortung zu übernehmen,
  • Eltern in einer Elterngruppe zu stärken und zu unterstützen,
  • … und noch Vieles mehr

FiSch – bei Pfefferwerk

Wir sind überzeugt von diesem Konzept und sehen das es wirkt und sehr hilfreich für Kinder und Eltern sein kann!

Bei uns gibt es mittlerweile FiSch Klassen im Wedding, Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Hellersdorf-Marzahn.

Aber hört selbst, eine Rückmeldungen von einer ehemaligen FiSch-Teilnehmerin….

„Sie ist wieder da!“ – Neue Autorität am PUK

von Franca Wellnitz – Projektkoordination „Neue Autorität“

Seit 2017 beschäftigen wir uns am PUK mit dem Konzept der Neuen Autorität: In Zusammenarbeit mit dem Team des New Authority Center (Israel) und dem balagan – Privatzentrum für Therapie fanden sogar Informationsveranstaltungen und Workshops auf dem Pfefferberg statt. Die Folge: große Begeisterung und Aufbruchsstimmung. Dennoch wollte das Konzept nicht so recht an Fahrt aufnehmen… Bis jetzt.

Seit dem Frühjahr 2022 arbeiten wir mit neuem Elan und wiedergewonnener Zuversicht daran, die Neue Autorität in der Berliner Bildungs- und Erziehungslandschaft zu verankern. Wir haben recherchiert, neue Kontakte geknüpft, alte wiederbelebt, diskutiert, geträumt, gesponnen. In Zusammenarbeit mit Melanie Hubermann und Kolleg:innen von balagan wollen wir nun u.a. den Schritt auf das Berliner Schulparkett wagen.

Ab dem Schuljahr 2022/23 möchten wir Berliner Schulen in der Beziehungsgestaltung mit ihren Schüler*innen und deren Familien unterstützen und begleiten. Insbesondere in diesen herausfordernden Zeiten braucht es ein starkes Netzwerk und beständige Bildungspartnerschaften. Die Neue Autorität verspricht genau das – und mehr. Eltern und Lehrkräfte bilden ein unerlässliches und verlässliches Bündnis gegenseitiger Hilfe und Unterstützung. So wird Isolation überwunden und Distanz, Kontrolle, Strafe und Unmittelbarkeit durch Präsenz, Selbstkontrolle, Transparenz und Beharrlichkeit ersetzt. Durch die geteilte Verantwortung von Elternhaus und Schule schaffen diese gemeinsam Sicherheit und Struktur für alle Beteiligten und bieten insbesondere den jungen Menschen Halt und Orientierung.

Doch mit den Schulen nicht genug. Parallel erarbeiten wir aktuell ein Gruppenangebot für Eltern, das wir perspektivisch am PUK anbieten möchten. Gern informieren wir an anderer Stelle über weitere Entwicklungen. Es bleibt spannend!

Netzwerkarbeit in der aufsuchenden Familientherapie (AFT)

Alltogether now !

von Mechtild Römer – AFT Therapeutin

Seit über einem Jahr hat die Pfefferwerk Stadtkultur auch die ambulante Familientherapie, einen kleinen und sehr feinen Arbeitsbereich, im Leistungsangebot. Das AFT-Team besteht aus vier Mitarbeiter:innen, alle sind berufserfahren und bringen unterschiedliche Spezialkenntnisse mit. Eine Gemeinsamkeit ist die systemische Denk- und Arbeitsweise mit einer grundsätzlich netzwerkorientierten Ausrichtung.

Die Netzwerkorientierung als Haltung findet sich auf verschiedenen Ebenen wieder. Wenn das Team als Kompetenzenpool verstanden und genutzt wird, kann sie beispielsweise in kollegialen Fallberatungen sichtbar werden. Dies bedeutet auch, die eigenen Grenzen zu erkennen und sich als therapeutische Fachkraft Hilfe und Unterstützung zu holen.

In der Netzwerkorientierung im Hilfesystem ist davon auszugehen, dass alle beteiligten Akteure unterschiedliche Beiträge leisten können, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.     

Netzwerkorientierung in der aufsuchenden Familientherapie geht davon aus, dass außer dem therapeutischen Co-Team andere Menschen, aus dem institutionellen oder dem privaten Kontext hilfreich für einen erfolgreichen Verlauf und die Zielerreichung sein können.

Bevor eine aufsuchende Familientherapie von Eltern beantragt, von einer EFB oder einem KjpD empfohlen und von einem Jugendamt bewilligt wird, gab es oft schon mehrere Versuche, das Problem zu lösen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sind i.d.R. mehrere Personen und Institutionen mit der Familie oder dem sogenannten Indexkind mit verschiedenen Aufträgen oder Anliegen befasst.

Die netzwerkorientierte Arbeit der aufsuchenden Familientherapie bei Pfefferwerk beginnt bereits mit der Probatorik. Wir verschaffen uns einen Überblick, wer zur Familie gehört, wer aus dem familiären oder sozialen Umfeld für den Hilfeverlauf wichtig ist oder wichtig werden könnte, welche Institutionen, mit welchem Auftrag oder Anliegen  bereits mit der Familie Kontakt haben. Zur Visualisierung bietet sich das Anlegen einer Netzwerkkarte an.

Wenn beispielsweise Kita, Schule, Klinik, SPZ als bereits unterstützende Institution beschrieben werden, kann es im Therapieverlauf sinnvoll sein, die Schnittstellen sichtbar zu machen. Das sind die Bereiche, in denen mehrere „Köch:innen im selben Suppentopf rühren“. Dann geht es darum, die Zutaten miteinander abzustimmen, damit das zubereitete Mahl auch schmackhaft und gut bekömmlich wird.

Auf die Familientherapie bezogen bedeutet dies, dass beispielsweise Kita, Ergotherapie, Eltern und AFT kooperieren, mit dem Ziel „das Kind erhält die, für ein körperlich-seelisch gesundes Aufwachsen, erforderliche Unterstützung“. Es wird benannt, wer was zur Zielerreichung beiträgt und wo die Grenzen der individuellen Möglichkeiten sind. Hierfür ist es wichtig, die Erwartungen aneinander zu formulieren und den eigenen Möglichkeitsbereich zu kommunizieren. Dieser Prozess mag aufwendig erscheinen doch es lohnt sich, Energie und Zeit in eine lösungsorientierte Netzwerkarbeit zu investieren um Missverständnisse, Enttäuschungen, Ärger, destruktive Bündnisse oder Grenzüberschreitungen zu vermeiden. Klarheit im Hilfenetz bedeutet immer auch Klarheit und Orientierung für das Kind.

Netzwerkorientierte Arbeit funktioniert „Hand-in-Hand-in-Hand“ indem vorhandene Ressourcen von Familie, Sozialraum und Institutionen erfolgreich genutzt werden.

Die „Familienstube“ – Mehrfamilienarbeit in der Kita

Miteinander Elternkompetenzen stärken

von Claudia Bartz, Kita Wattstraße, Berlin

„Es ist sinnlos, am Kind allein herumzudoktern“, meint der Pionier der Multifamilientherapie und Londoner Psychiater Eia Asen. Und um diesem ganzheitlichen Ansatz zu entsprechen ist geplant, in der Kita Wattstraße der Pfefferwerk Stadtkultur eine Familienstube einzurichten und so die Elternarbeit zu fördern und ihre Kompetenzen als Erziehungsberechtigte zu stärken. Seit einigen Monaten werden wir dafür von Thomas Pletsch und Ulrike Behme-Matthiesen aus dem Schleswiger Institut für Weiterbildung und Entwicklung (IWES) geschult, die schon das Konzept Familie in Schule (FiSch) für die Zusammenarbeit von Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften in Mehrfamiliengruppen entwickelten. (>>> Ansätze der Mehrfamilienarbeit in Pfefferwerk-Einrichtungen)

Mit dem Konzept der Familienstube werden Methoden der Multifamilientherapie in den Kita-Bereich übertragen. Auf diese Weise unterstützen und „coachen“ sich Familien auch gegenseitig. In einem solchen Setting können die Familien „über Kreuz lernen“ – das heißt eine Familie lernt von einer anderen Familie. Hierbei werden sie durch einen Eltern-Coach und eine*n Erzieher*in für ihren Austausch untereinander unterstützt. Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Beziehungen zwischen Eltern, ihren Kindern sowie ihren sozialen Netzwerken. Die Kita Wattstraße ist dafür auch in engem Austausch mit dem Jugendamt des Bezirks Mitte von Berlin und wir freuen uns auf die Kooperation.

Gemeinsam mit Eltern gegen Schulfrust – Mehrfamilienarbeit und Schulsozialarbeit

Lernen in „FiSch“-Klassen

von Nina Jogwer, Ernst-Reuter Schule, Berlin

Im August 2019 startete das Kooperationsprojekt der Temporären Lerngruppe (TLG) und des Teams »Familie in Schule« (FiSch) an der Ernst-Reuter-Schule in Berlin-Mitte. Die Teams, bestehend aus zwei Lehrer*innen, einem Multifamilientherapeuten und zwei Sozialpädagoginnen, stürzte sich voller Elan in den Aufbau der TLG & FiSch mit dem Ziel, den zukünftig teilnehmenden Schüler*innen aus den 7. und 8. Jahrgängen in einer Kleinklasse mit zehn Plätzen Halt und Orientierung in ihrem schulischen Alltag zu geben und sie darin zu unterstützen, die erforderlichen Anpassungsleistungen gut zu bewältigen.

Wir luden alle infrage kommenden Schüler*innen und Eltern ein, um gemeinsam mit ihren Klassenleitungen, dem zuständigem Jugendamt und der Schulleitung zu konferieren. Dann entschieden die Eltern: Dieses Angebot ist genau passend für unser Kind! Und wir als Eltern wollen -wenigstens einmal wöchentlich – bei »Familie in Schule« präsent und am Schulalltag unserer Kinder beteiligt sein! Schnell waren die zehn Plätze mit jeweils fünf Jungen aus insgesamt sieben 7. und 8.Klassen belegt.

Leider teilten manche der Jungen die Begeisterung ihrer Eltern für die TLG weniger. Sie fragten uns sehr skeptisch, was das überhaupt sei – eine Temporäre Lerngruppe? Warum ausgerechnet sie dahingehen sollten?? Und was eigentlich mit ihnen nicht in Ordnung sein solle???
Wir mussten feststellen, dass die konzeptionell vorgesehene, äußere Differenzierung für täglich jeweils drei Unterrichtstunden für die Schüler eine große Herausforderung darstellte und bei manchen das Gefühl entstehen ließ, sich aus der eigenen Klasse ausgeschlossen und wertlos zu fühlen.

Um dem entgegen zu wirken, nehmen wir Pädagog*innen konsequent die Stärken und Ressourcen der teilnehmenden Jungen in den Blick, sprechen Lob und Anerkennung aus und ermutigen immer wieder zum Lernen bis sie erste, auch eigenständige, Lernerfolge erreichen und ein positives Zugehörigkeitsgefühl zur Temporären Lerngruppe möglich wird.
Die größte Unterstützung der Schüler bewirkt dabei die Teilnahme ihrer Eltern am FiSch-Programm. Es stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Schüler*innen, dem Elternhaus und der Schule sehr. Jeden Mittwoch geht es gemeinsam darum, die Jungen erfolgreich in ihre Schule zu integrieren.

Für alle, die Schule machen. Das neue Buch von Haim Omer

Haim Omer & Regina Haller

Raus aus der Ohnmacht –
Das Konzept Neue Autorität für die schulische Praxis

von Christoph Klein

Endlich ist es da, das Buch des israelischen Pioniers Haim Omer und seinem Team mit vielseitigen Beispielen zum Konzept der Neuen Autorität für die schulische Praxis. Nach seinem ersten Elternratgeber Das Geheimnis starker Eltern, in dem er zusammen mit Philip Streit sehr kompakt die wesentlichen Elemente des Konzeptes zusammenfasste, widmet er sich diesmal mit der Co-Autorin und Schweizer Schulleiterin Regina Haller wieder sehr ausführlich all denen, die im System Schule arbeiten. Es geht nicht um schwieriges Verhalten von Schülerinnen und Schülern, sondern darum, wie alle am Schulleben Beteiligten schwieriges Verhalten unwahrscheinlicher machen aber auch beherzt intervenieren können. Es geht um gemeinsame Haltungen, Zusammenarbeit, klare Botschaften und wirksames Handeln.
>>> … weiterlesen

Die Buchbesprechung ist bei socialnet erschienen.
Das Buch kann dort versandkostenfei erworben werden.

Weitere Buchbesprechungen zum Thema:
>>> Omer & Streit (2017): Neue Autorität: Das Geheimnis starker Eltern. Vandenhoeck & Ruprecht
>>> Omer (2015): Wachsame Sorge. Wie Eltern ihren Kindern ein guter Anker sind. Vandenhoeck & Ruprecht

Jede Menge praxisorientierter Übungen – Feedback zum Training Kinder aus der Klemme

Jede Menge praxisorientierter Übungen

Feedback zum Training für das Programm „Kinder aus der Klemme“
vom 21.-23.11.2019 in den Räumen der Aedes Gallery auf dem Pfefferberg

Ute Lauter

Das 3-tägige Training, das von einer der „Erfinderinnen“ des Programms, Justine van Lawick sowie von der Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des DRK-Klinikums Berlin Westend, Annegret Eckhart-Ringel durchgeführt wurde, bot neben theoretischen Inhalten jede Menge praxisorientierter Übungen.

Wir Teilnehmer*innen wurden während des Trainings emotional in Kontakt gebracht zu der Rolle, die Kinder einnehmen (müssen), wenn ihre getrennten Eltern sich anhaltend hochstrittig verhalten. Wir lernten den sogenannten „Zwischenraum“ kennen, die Situationen, in denen Kinder in den Konflikt der Eltern hineingezogen werden, und erlebten, welche Gefühle dieses „Hineingezogenwerden“ auslösen kann.

Das Training gab einen umfassenden Überblick über die Übungen, die Psychoedukation und die Hausaufgaben, die die Eltern, die sich für „Kinder aus der Klemme“ anmelden, in den Elterngruppen erwarten sowie über den Aufbau des 8 Sitzungen umfassenden Programms.

Darüber hinaus wurden die Sitzungen aus Sicht der Kindergruppe beschrieben, die zeitgleich zur Elterngruppe separat stattfindet. Es wurden Aufgaben und Anregungen für die Kindergruppe im Rollenspiel ausprobiert.  Sehr bereichernd war für uns trainierende Fachfrauen und -männer zu erleben, dass neben all dem Schmerz, dem Leid und den Ohnmachtsgefühlen auch Hoffnung, Optimismus und Neugierde Raum und Daseinsberechtigung haben.

Ein schönes Highlight war eine musikalische Darbietung von zweien der Teilnehmer*innen, die mit dem Lied „Kind auf dem Eis“ vertonten, wie Kinder sich zwischen Eltern mit anhaltenden Trennungskonflikten fühlen und was wir im Training in den Rollenspielen nachzuempfinden angeregt wurden.

Ich bedanke mich im Namen aller Teilnehmer*innen bei den Trainerinnen, die diese 3 Tage nicht zuletzt durch ihr feines Gespür für Humor trotz der Schwere des Themas zu einer bewegenden und motivierenden Fortbildung gemacht haben.

Organisiert wurde das Training von der Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH in Kooperation mit dem PUK | Berliner Zentrum für Präsenz und Kompetenz in Beziehungen.
Das Programm Kinder aus der Klemme und eine wissenschaftliche Begleitung wird gefördert durch die SKala-Initiative

Quintessenzen zum Fachtag »Helfernetzwerke der Gegenwart« – Die Verantwortung des Therapeuten besteht heute darin Kontexte zu bauen!

QUINTESSENZEN ZUM FACHTAG »HELFERNETZWERKE DER GEGENWART«

Carina Bründlinger

Wie sehen unterstützende familiäre Netzwerke heute aus? Wie können professionelle Helfer*innen dazu beitragen, dass sie (wieder) entstehen? Wie kann es gelingen, in unserer individualisierten Gesellschaftskultur »ein Dorf« entstehen zu lassen, wo es gebraucht wird, um die Resilienz einer Familie und Gemeinschaft zu stärken?

»Die Verantwortung des Therapeuten besteht heute darin Kontexte zu bauen. Das macht es leichter, an die Eigenkräfte der Familien zu glauben.« (Eia Asen)

Um dieses Thema in seiner Vielfalt zu beleuchten und zu diskutieren, kamen mehr als 100 interessierte Teilnehmer*innen zum Fachtag »Helfernetzwerke der Gegenwart« am 13. Oktober 2018 auf den Pfefferberg. Die drei international erfahrenen Pioniere Eia Asen (London), Justine van Lawick (Haarlem) und Idan Amiel (Tel Aviv) berichteten von ihrer Arbeit mit Multifamiliengruppen und sozialen Netzwerken der Familien, damit sie sich gestärkt wieder als Teil einer Gemeinschaft erleben können. Nach drei Impulsvorträgen über Konzepte der Mehrfamilienarbeit/Multifamilientherapie, den Ansätzen der Neuen Autorität –Stärke statt Macht und dem Programm Kinder aus der Klemme für Familien in heftigen Trennungskonflikten brachten Pfefferwerker*innen aus Kita, Schule und Tagesgruppen Fallbeispiele ein, die in vier parallelen Dialogforen öffentlich supervidiert und miteinander diskutiert wurden. Dieses für den Fachtag selbst erdachte und erstmals erprobte Live-Supervisionskonzept wurde von den Teilnehmenden sehr gut angenommen. Inspiration, Perspektivwechsel und Vernetzungsmöglichkeiten – ganz im Sinne des Fachtags – wurden gelobt und die Resonanzen waren durchweg positiv!

»Ohne Arbeit mit dem Netzwerk haben wir keinen Erfolg! Wir können ihnen nicht helfen, wenn sie keine Unterstützer haben« (Justine van Lawick)

Verstärkt durch die Hamburger Multifamilientherapeutin Kerstin Klappstein moderierte die Radiojournalistin Ruth Kinet abschließend ein Podiumsgespräch mit allen Referent*innen zu Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Zukunftsperspektiven einer familien- und netzwerkinklusiven Sozialarbeit und Therapie. Alle waren sich einig, dass der Einbezug des Netzwerks der Familien zu allererst einen Haltungswechsel erfordert »Weg von: Ich brauche einen Experten für mein Problem, hin zu: ich werde mit Hilfe meines Netzwerks mein eigener Experte«, so Eia Asen. »Die Sehnsucht nach Zugehörigkeit könne in unserer individualisierten Gesellschaftskultur wieder ‚ein Dorf‘ entstehen lassen, das dabei helfen kann, wieder zu mehr Selbstermächtigung und Resilienz zu gelangen«, meinte Idan Amiel. Auf die Frage, was das vernetzte Denken und Handeln am Berufsbild ändern würde, nannte Eia Asen gleich mehrere Auswirkungen: Die Verantwortung des Therapeuten sehe er darin, Kontexte zu bauen. Das netzwerkinklusive und multifamilientherapeutische Arbeiten mache es leichter, wieder mehr an die Eigenkräfte der Familien zu glauben. Schließlich gehe es darum, sich als Fachkraft mehr zurückzunehmen. Justine van Lawick und Idan Amiel waren sich nach jahrelanger praktischer Erfahrung sicher: »Ohne Arbeit mit dem Netzwerk haben wir keinen Erfolg! Wir können ihnen nicht helfen, wenn sie keine Unterstützer haben! «

Am Ende der bereichernden Diskussion fasste der Schlussbeitrag einer Teilnehmerin den Tag mit einer sehr klaren Botschaft zusammen: »Was wir brauchen, ist Menschlichkeit! Wenn wir das überall verbreiten, dann ändert sich auch die Haltung! Ich gehe heute hier raus mit ganz viel Hoffnung – das war ein toller Tag!

Carina Bründlinger leitet das PUK –Berliner Zentrum für Präsenz und Kompetenz in Beziehungen der Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH

Weiterführende Links

>> Kinder aus der Klemme – Arbeiten mit Netzwerken (youtube-Link)
Vortrag von Justine van Lawick anläßlich des Internationalen Fachtags Helfernetzwerke der Gegenwart – Stärkung von sozialen Netzwerken und Familienbeziehungen, 13. Oktober 2018, Pfefferberg
>> Audio-Datei: Brief eines Vaters an sein Kind (mp3-Datei, 1:30 min)
Beispiel einer Präsentation von Eltern im Programm Kinder aus der Klemme – vorgetragen von Justine van Lawick anläßlich des Internationalen Fachtags Helfernetzwerke der Gegenwart – Stärkung von sozialen Netzwerken und Familienbeziehungen, 13. Oktober 2018, Pfefferberg
>> „Stärke statt Macht – Das Konzept der New Authority“ (youtube-Link)
Abendvortrag von Idan Amiel am 17. Oktober 2017 auf dem Berliner Pfefferberg
>> Gewaltfreier Widerstand und New Authority in der Familientherapie (youtube-Link)
Prof. Haim Omer beantwortet in einem kurzen Video (40 min) Ben Furmans Fragen u.a. über Gewaltfreien Widerstand, Neue Autorität, Elterliche Präsenz, Wachsame Sorge und Unterstützernetzwerke

Stell Dir vor, zwei Kinder prügeln sich, und der Schulleiter übernimmt Verantwortung! – Über Wiedergutmachungshandeln, Screenager und die richtige Dosis Sirup

Ein Erfahrungsbericht vom Professional Training im Meisterkurs Verbindende (neue) Autorität – Stärke statt Macht am 11./12. Oktober 2018 auf dem Pfefferberg, Berlin

von Till Brinkmann und Christoph Klein

Im Rahmen der Kooperation zwischen dem New Authority Center und der Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH fand am 11./12. Oktober 2018 erstmals mit 17 Teilnehmer/innen das 2-tägige Professional Training Neue Autorität und Gewaltfreier Widerstand statt. Begleitet von Iris Schacher-Lavie leitete wieder Idan Amiel den „Meisterkurs“. Auf dem Basistraining aufbauend ging es diesmal um themenspezifische Konzepte und angewandte Forschung u.a. im Umgang mit übertriebener Mediennutzung („Screenager„), Gewalt und Mobbing in Schule. Im Mittelpunkt standen eingebrachte Falldarstellungen der Teilnehmer/innen. Und wieder war es eine lernintensive Erfahrung und bescherte viele neue Einsichten, Erfahrungen und Gedanken.

Mithilfe der Falldarstellungen wurden in Rollenspielen verschiedene Perspektiven der Neuen Autorität verdeutlicht. In einem Fall stand die Einbeziehung des Netzwerkes „Schule“ und die damit verbundenen „Besonderheiten“ z.B. bei der Motivierung und Einbeziehung von Lehrern in ein Unterstützernetzwerk für die Eltern und die betroffenen Kinder im Fokus. Die im Basistraining vorgestellten Grundprinzipien und Interventionen-„Tools“ wurden durchgespielt, vertieft und wir wurden ermutigt, sie den Lebenswirklichkeiten unseres Klientels anzupassen und damit zu „experimentieren“. Idan entwarf das Bild von der Neuen Autorität als „Wissens-Sirup“, den es je nach Fall entsprechend viel oder weniger zu dosieren gelte, um jeweils optimal an die konkrete Situation angepasst zu sein. Immer wieder betonte er seinen personal belief, wie wichtig es sei, Bewegung in festgefahrene Strukturen zu bringen – to create a change! – und dabei durchaus auch das Risiko einer Verschlechterung der Situation im Blick zu behalten!

Die im Gegensatz zu Idan eher ruhige und sehr kompetente Iris Schacher-Lavie berichtete überaus anschaulich aus ihrer Forschung zu Screenagern und der Digitalen Familie. Überzeugend und hilfreich leitete sie aus den Ansätzen der Neuen Autorität Grundprinzipien für die Arbeit mit Eltern ab. Ein aktuelles und spannendes Thema, das sogar zeitgleich als Titelstory im Magazin Der Spiegel erschienen war („Generation Smartphone“). Und nicht weniger aktuell nahm Idan einen Fall zum Anlass, um ausführlich auf die Idee der Wiedergutmachungs-Handlungen einzugehen. Wenn durch Gewalt oder eine andere Tat das Miteinander einer Gemeinschaft gelitten hat, sei es unser aller(!) Aufgabe, uns darum zu kümmern! Auch Schuldirektoren und Eltern haben Verantwortung und sollten handeln, selbst wenn das schlagende oder klauende Kind selber dazu (noch) nicht bereit ist! Würde diese Geisteshaltung in Familie und Schule gelebt, gäbe es weniger Kinder, die sich durch Schuld zuschreibende Bestrafungen in ihrer Würde verletzt fühlen. Was für eine Gesellschaft bekämen wir, wenn diese Kinder dann erwachsen sind? Im Anschluss an den Meisterkurs fand dann am 13. Oktober 2018 und am selben Ort der Internationale Fachtag Helfernetzwerke der Gegenwart statt, zu der neben Idan auch Eia Asen und Justine van Lawick kamen. Über deren jetzt schon praktizierten Zukunftsvisionen, auch heute wieder Dörfer entstehen zu lassen, die Familien unterstützen, das ist noch so eine andere schön Geschichte…